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Ein Bremer nimmt Abschied von Hermann Rieger


Der Fußball hat mit Hermann Rieger weit mehr als einen zum Kult avancierten Masseur des Hamburger SV verloren. Auch wenn ich als Bremer und damit gebürtiger Werder-Fan niemals eine derart emotionale Bindung zu ihm hatte, wie eine Großzahl der HSV-Fans, hat mich die Nachricht traurig gestimmt.  Hermann Rieger stand mit seiner Art und seinen Werten für das, was dem wahren Fußball-Fan das Herz öffnet: die Liebe zum Sport und vor allem dem Fußball.

Ein Fußball-Fan, welchen Farben er auch immer anhängen mag, wünscht sich neben dem Erfolg seiner Mannschaft vor allem das Gefühl, ernst genommen zu werden. Ich glaube, vielen Vereinsmanagern ist gar nicht bewusst, was man in dem Moment auf sich nimmt, wenn einen der Vater oder die Mutter zum ersten Mal mit ins Stadion nimmt und man mit großen Augen das Stadion, die Atmosphäre, den Bratwurstgeruch, den Torjubel, die Stadiongesänge, den Stadionsprecher, der die Aufstellung verliest und und und in sich aufsaugt. Aus dem kindlichen Gefühl, nun an einem Platz zu sein, wo man Brüllen und Schimpfen darf, wo mit den „Großen“ gemeinsam gejubelt werden kann und wo einen diese seltsame Spannung erfasst, wird spätestens nach dem zweiten Besuch eine besondere Verbundenheit zu dem Verein. Diese beginnt ganz harmlos damit, dass man die Lieblingsmannschaft in seinen Playmobil-Spielen immer gewinnen lässt, führt über Raufereien auf dem Schulhof mit Anhängern anderer Mannschaften irgendwann in die Kneipen, in denen emotional und natürlich hochkompetent gefachsimpelt und gestritten wird. Man verteidigt seine Farben wann immer und wo immer man ist und lernt auch mit dem Spott zu leben, wenn die eigene Mannschaft gerade Prügel bezogen hat.

Fan einer Mannschaft zu sein, bedeutet, einen emotionalen 24/7 Job anzutreten und neben einem nicht unbedeutenden finanziellen Aufwand, auch einen körperlichen Invest nicht zu scheuen. Als Werder Fan habe ich bestimmt schon mehr Angstschweiß vergossen als ein Broker an der Frankfurter Börse und mehr Wutausbrüche durchlebt, als Klaus Kinski zu seinen Lebzeiten. Wie es aber mit Zuneigung immer so ist, wünscht man sich, dass diese auf Gegenseitigkeit beruht und ist in diesem Fall bereit, weiterhin derart zu investieren, ja, teilweise, sogar noch mehr zu geben. Im anderen Fall, beginnt der schleichende Interaktions-Rückwandlungs-Prozess: Stadion – Sky – Sportschau – Tageszeitung -  Kollegeninfo.

Menschen wie Hermann Rieger haben mit Ihrer Ehrlichkeit, Treue, Liebe zum Verein, sozialen Engagement, Fannähe und Fairness dem Fußball ein persönliches Gesicht gegeben, das es jedem Fan einfacher macht, sich mit dem Verein nachhaltig zu identifizieren. Er hat uns gezeigt, dass der Star nicht die Nummer 10 tragen und den größten Parkplatz vor dem Stadion benötigen muss, sondern aus der zweiten Reihe kommen kann, weil der Mensch dahinter bewundert wird. Die Fans wissen genau, dass die 10 morgen ein anderer trägt, kennen übermorgen maximal noch seinen Nachnamen und schon gar nicht, wie das Stadion zu der Zeit gerade mal hieß, während sie wortwörtlich „the best of Hermann Rieger-Sprüche“ zitieren können.

 Die meisten Vereine haben solche Originale und ich wünsche mir, dass trotz der „Ver-Managereung“ des Fußballs wieder welche nachrücken werden, die vor allem vereinsübergreifend Anerkennung erlangen können.

In dem Sinne: Mach’s gut Hermann und schön, dass Du die 3 Ehrenpunkte am letzten Samstag schon bekommen hast. Am kommenden Spieltag wird das nämlich nix werden…bei aller Freundschaft.

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