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10+1 Freunde müsst Ihr sein


...oder die CPU im deutschen Spiel

Mit einer wirklich beeindruckenden Leistung haben unsere Jungs den holländischen Wohnwagen nahezu alleine gepackt und zur Abfahrt vorbereitet. Dass die absehbare Rückreise der niederländischen Fans am Sonntag ausgerechnet durch Deutschland führen wird, gleicht fast altertümlichen Riten, bei denen die Unterlegenen Ihre Schätze und Waffen durch das Land des Siegers zum Kaiserpalst tragen mussten und sich dem Hohn und Spott der am Wegesrand stehenden gewiss sein durften. Nun, so schlimm wird es wohl nicht, aber die amüsierten Blicke und vereinzelten Hupkonzerte der deutschen Autofahrer werden sie dennoch wohl ertragen müssen.

Ja, noch ist es nicht so weit, aber wer glaubt denn wirklich daran, dass die zerstrittene und vollkommen demotivierte holländische Mannschaft in einem Kraftakt die homogenen Portugiesen mit zwei Toren besiegen sollte. Es heißt zwar so schön überstrapaziert „im Fußball ist alles möglich“, doch dazu müsste am Sonntag vermutlich ein anderes Team in die orangenen Jerseys schlüpfen.

Schützenhilfe aus Deutschland hingegen dürfte durchaus realistisch sein. Der Auftritt gegen Holland war in meinen Augen der beste, den ich jemals bei einer deutschen Mannschaft gesehen habe. Kämpferisch, taktisch und in ihrer Konsequenz habe ich in der Tat 10 Freunde auf dem Platz gesehen, nahezu die ganze Spielzeit absolute Kontrolle ausgeübt haben und im richtigen Moment mit spielerischen Akzenten die richtigen Lösungen gefunden haben. Der andere Sportfreund, unser „GOALmez“ oder „Gomessi“ passte zwar nicht in dieses homogene ineinander greifende Konstrukt unserer Mannschaft, ergänzte es aber mit seiner Präsenz vor dem Tor perfekt. Wenn er weiterhin das macht, was er am besten kann, nämlich vorne stehen, sich anbieten, bedient zu werden und abzuschließen, darf er in meinen Augen gerne auf Ausflüge in die Abwehr verzichten, denn dort ist er der einzige Störfaktor.

Mit diesem Auftritt hat Jogi Löw, den ich durchaus nicht nur gelobt habe in meinem Leben, den nächsten Schritt eingeläutet, der nach den teilweise spielerisch überzeugenden Auftritten bei der WM notwendig war. Damals haben viele das schöne deutsche Spiel bewundert und die Mannschaft hochgelobt. Sie wirkten wie eine ungezähmte Bande, die mit wehenden Fahnen in den Angriff lief. Spektakulär und wild. Schön anzusehen, aber hochriskant bei Mannschaften, die keine Räume gelassen haben, wie unsere Freunde aus Spanien. Jetzt aber hat man das Gefühl, dass sie diese Unbändigkeit abgelegt haben, sie sogar kontrolliert einsetzen können. Gegen Holland wurde aus einer sicheren Abwehr heraus vor allem in der Schaltzentrale mit meinen bisherigen Helden, Sami „Eisendieter“ Khedira und Bastian „Diego“ Schweinsteiger festgelegt, welche Strategie gerade angebracht ist. Diese beiden stellen gewissermaßen die CPU des deutschen Systems dar.

Sie verarbeiten in Windeseile die Informationen, die ihnen vom Betriebssystem (der Abwehr) zur Verfügung gestellt werden und treffen die Entscheidung, über welche Schnittstellen (Poldi, Özil, Müller) das Ausgabemedium (Mario Gomez) gefüttert werden muss. Die Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit der Entscheidungen führt dazu, dass das deutsche Spiel nicht mehr nur bewundert, sondern vielmehr gefürchtet wird. Ein Zustand, der jedem Gegner in spe bereits vor dem Anpfiff grkßen Respekt einflößt.

Jetzt gilt es zu beweisen, wie zuverlässig das System arbeitet. Kontinuität ist die beste Waffe, aber solange alle Komponenten beisammen bleiben, stimmt mich das sehr positiv. Niemals war der Spruch „never change a running system“ passender denn jetzt.

In dem Sinne bin ich gespannt, ob die dänischen Fans am Sonntag/Montag unseren holländischen Freunden auf deutschen Autobahnen Geleitschutz anbieten.

Hart ran, fair weiter

Euer Sportkamerad Sascha00




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