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Eine Folge des Intellekts

Wir können nun also auch die Koffer packen. Schade und vor allem in Anbetracht des gesamten Turniers absolut ungerecht. Haben wir doch bis gestern nicht nur unsere eigenen Fans begeistert und mitgerissen, sondern auch bei den neutralen Zuschauern ein wohlwollendes Lächeln erzeugen können. Wir haben gezeigt, dass die typisch deutsche Spielweise, die ja unter Berti z.B. durchaus auch funktioniert hat, passé ist und wir mittlerweile Jungs auf dem Platz haben, die nicht nur geradeaus laufen können, sondern dabei auch noch spannende Sachen mit dem Ball machen können. Wir haben tolle Individualisten wie Khedira und Özil, super Mannschaftsspieler wie Hummels und Müller und vor allem eine Mannschaft….gehabt!

Gestern Abend ist mal wieder ein typischer "Löw" passiert. Er war wie auch schon im zweiten Spiel und Halbfinale der WM seiner Eitelkeit erlegen. Damit meine gar nicht sein schmuckes äußeres Erscheinungsbild, sondern seinen Fußballintellekt, den er meiner Meinung nach, als "outstanding" betrachtet. Vergleichbar mit Harald Schmidt, der einem bestimmten Schema folgt, in dem er keinem echten Schema folgt, sieht sich Löw gerne als Person, die mit seinem Fußballverstand, die gesamte Öffentlichkeit überrascht, um diese dann im Interview nach dem Spiel aufklären zu können. Er erklärt gerne und gut, und selbstverständlich ist es auch schlau und sehr durchdacht, was er sagt, aber es kommt halt hin und wieder vor, dass er Änderungen an einem laufenden System vornimmt, um Änderungen vorzunehmen und nicht, weil sie absolut notwendig wären. Vielleicht langweilen auch gleiche Aufstellungen gegen unterschiedliche Gegner seinen Intellekt?

Wie dem auch sei, unsere Mannschaft ist ein sehr sensibles Gebilde, das je nach Zusammenstellung unterschiedliche Gesichter zeigen kann. In den ersten Spielen haben wir das "deutsche Uhrwerk" gesehen. Alle Spieler griffen gemäß einem Uhrwerk ineinander, ohne dass der einzelne großartig in den Vordergrund drängte. Fleißig, zuverlässig und zielorientiert haben sie Portugal, Holland und Dänemark im wahrsten Sinne "abgearbeitet". Das war größtenteils schön anzusehen und verschaffte vor allem durch die Konstanz eine große Zuversicht. Löws Überraschungsmomente hielten sich bis auf den Bender-Einsatz noch recht in Grenzen, doch als dieser in den Himmel gelobt wurde, begann der Anfang vom Ende.

Gegen die starre Formation der Griechen, wäre diese Uhrwerktaktik zu statisch gewesen. Daher wählte er die "Fischschwarm-Praxis", in dem er junge wilde Spieler aufstellte, die bildlich in die Löcher der bröckelnden Akropolis schlüpfen sollten, um auf der anderen Seite der Wand wieder als Gesamtgebilde zusammen zu kommen, um Unheil stiften. Diese Umstellung war notwendig, gut und richtig und brachte Löw eine mediale Präsenz, die ihm nicht gut tat. Vor allem taten ihm die zwei Tage zusätzlicher Zeit, nicht gut, in denen er noch mehr nachdenken konnte. Er wollte erneut überraschen, ohne ins offene Messer zu laufen. So kam etwas heraus, das man mit einem Sprung über einen Graben vergleichen kann. Wenn man Anlauf nimmt und kurz vor dem Absprung Zweifel hegt, ob man den Sprung wirklich schafft und dann sicherheitshalber mit zwei Beinen abspringt, wird das nichts werden, weil die Bewegung nicht aus einem Guss kommt. Gleiches passierte gestern. Er installierte eine Absicherung mit Toni Kroos, für den er aber eine Außenposition aufgab, so dass das gesamte System durcheinander geriet und damit Automatismen nicht mehr griffen, was zu weiterer Unsicherheit führte. Man hatte seit der ersten Minute an das Gefühl, dass die Deutschen sich nicht wohl fühlen. Einfache Bälle versprangen, Pässe kamen nicht an, Stellungsfehler en masse in der Abwehr und und und. Alles etwas, was vor nie oder selten passierte, weil man nicht wirklich nachdenken musste. Es passte alles und nun kam vor dem Handeln jedes Mal ein nachdenken, was in dem neuen System nun gemacht werden muss. Dadurch gerieten die Aktionen zu langsam und kamen verzögert, was die Italiener ausnutzen.

Diese nämlich spielten, wie unser Team vorher aufgetreten ist und waren erfolgreich. Wirklich schade, aber ich glaube, dass die Spieler in diesem Fall wirklich unschuldig sind. Sie sahen deswegen unglücklich aus, weil der Jogi ihnen ein Korsett aufgedrückt hat, das an vielen Stellen zwickte und nicht passte.

Ändern kann man nichts. Sonntag wäre so oder so alles vorbei gewesen und selbst bei einem Gewinn, würde man sich spätestens ab kommender Woche mit der neuen Saison beschäftigen. Das können wir jetzt ein paar Tage früher. Ist doch auch schön.

In dem Sinne, Kopf hoch

Euer Sportkamerad Sascha00


 

 

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